Streiks scheinen aktuell überall zu sein. Mal der ÖPNV, mal das Flughafenpersonal, immer wieder dazwischen die Bahn. Doch nicht nur der Verkehrssektor wird bestreikt, auch im Gesundheitsbereich haben wir zuletzt Krankenhaus-, Hausärzt*innenpraxen- und sogar Apothekenstreiks gesehen. Auch in der Pflege- und Erziehungsbranche sind Streiks in den letzten Jahren häufiger geworden.
In Deutschland wird dabei im europäischen Vergleich nicht viel gestreikt: In Frankreich und Dänemark kommen 1000 Arbeitnehmer*innen durchschnittlich auf gut über 100 Streiktage im Jahr, was über 15-mal so viel ist wie die durchschnittlichen 7 Tage in Deutschland.
Dennoch ist der aktuelle Arbeitskampf für deutsche Verhältnisse auf einem ungekannten Maß – kein Wunder bei den sich immer weiter anhäufenden Krisen. Die starke Inflation hat überall zu einem Reallohnverlust geführt, den die Arbeitgeber natürlich nicht freiwillig in Form von angemessenen neuen Tarifen ausgleichen. Dazu kommt der seit Jahrzehnten vorhersehbare, und doch kaum ernsthaft vorgebeugte Fachkräftemangel.
Gerade in den körperlich und psychisch besonders belastenden Jobs finden sich immer weniger Auszubildende, und die vorhandenen Fachkräfte brennen aus, fallen aus, oder springen ab und wechseln die Branche. Wer kann es ihnen verübeln. Ausfälle und Unterbesetzung müssen dann von den verbliebenen Angestellten aufgefangen werden, wodurch eine ewige Abwärtsspirale entsteht. Geht das nicht anders?
An dieser Stelle kommen die Streiks ins Spiel. In den meisten Fällen ist neben dem „klassischen“ Thema Tariflohnerhöhung auch eine der zentralen Forderungen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen – z.B. in Form von mehr Urlaub, anderer Schichtplanung, und Arbeitszeitverkürzung. Unmöglich, sagen Deutsche Bahn und co., schließlich gibt es ja so schon zu wenig Arbeitskraft, dann müssen die Arbeiter*innen gefälligst Überstunden machen und nicht noch weniger arbeiten!
In den Medien wird das Verständnis für Streikende auch nicht gerade gestärkt: Immer wieder werden die Zahlen der voraussichtlich „betroffenen“ Bürger*innen berechnet, um den gemeingefährlichen Charakter der Streiks hervorzuheben, den Gewerkschaften wird Machtgier und Maßlosigkeit vorgeworfen. Die Bevölkerung und Politik gehen mehr und mehr mit – Verkehrsminister Wissing kündigte kürzlich an, in naher Zukunft schärfere Regeln im deutschen Streikrecht auf den Weg bringen zu wollen.
Eine naheliegende Reaktion, wenn das Kapital verteidigt werden soll. Statt die Millionen-Boni für das Top-Management und die Rendite für Investoren abzusägen, wie es angemessen wäre, wird weiter die Behauptung zementiert, dass leider leider einfach kein Geld für die Angestellten übrig ist. Noch scheinen die Arbeiter*innen fest in der Hand des Kapitals – doch wenn der Eindruck entsteht, dass sie ihre Macht eventuell doch zu nutzen lernen, sollen ihre Rechte natürlich schnell noch weiter eingeschränkt werden.
Das dürfen wir nicht zulassen! Unsere Solidarität gilt allen Streikenden! Wir müssen das Streikrecht verteidigen! Wir müssen uns noch mehr organisieren, mehr Gegenmacht aufbauen! Es ist so viel Streik angemessen, wie es braucht, bis die Konzerne und ihre Bosse von ihrem hohen Ross stürzen. Erst für angemessene Bezahlung und Arbeitsbedingungen, dann für die Kontrolle über die Arbeit selbst! Konzerne gehören in die Hand der Arbeiter*innen!